veröffentlicht in: ILIAS eLearning an der Universitätsmedizin Göttingen, 2023
Wer ist zu unterweisen? Personen, denen der Zutritt zum Kontrollbereich gestattet ist, z.B.:
Wann ist zu unterweisen?
Worüber ist zu unterweisen?
gesetzliche Grundlagen:
Beide in Kraft getreten zum 01.01.2019, die Röntgenverordnung (RöV) gilt nicht mehr! Richtlinien wie die Fachkunde Richtlinie sind noch nicht angepasst und beziehen sich auf altes Recht ohne ihre Gültigkeit zu verlieren.
Der Strahlenschutzverantwortliche ist seitens der rechtlichen Grundlage gesamtverantwortlich. Er kann aber gewisse Pflichten dezentral delegieren. In der UMG gibt es dazu Strahlenschutzbevollmächtigte (i.d.R. Kliniks- / Institutsleiter), die organisatorisch für ihren Bereich zuständig sind. Für jedes Gerät gibt es zusätzlich benannte Strahlenschutzbeauftragte.
Für jedes Röntgengerät gibt es benannte Strahlenschutzbeauftragte (SSB), die für die "täglichen Belange vor Ort" zuständig sind.
Strahlenschutzbeauftragte sind benannte Fachärzte der unterschiedlichen Fachabteilungen, die die erforderliche Fachkunde für Ärzte für ein Anwendungsgebiet (z.B. Notfalldiagnostik oder intraoperatives Röntgen) besitzen und durch die Stabsstelle Sicherheitswesen und Umweltschutz zu einem SSB bestellt werden.
Die Strahlenschutzbeauftragten haben gemäß § 43 Abs. 1 der StrlSchV innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs dafür zu sorgen, dass:
Nur befugte Personen dürfen ionisierende Strahlung am Menschen (am Patienten) anwenden.
Stellen der rechtfertigenden Indikation sowie Befundung:
Technische Durchführung. Die technische Durchführung (Bedienung des Gerätes) kann durch verschiedene Personenkreise erfolgen:
Kenntnisse. Der Begriff der Kenntnisse ist im Strahlenschutz ein rechtlich definierter Begriff. Gemeint ist damit ein grundlegendes Wissen, das es erlaubt, unter Aufsicht und Verantwortung eines Fachkundigen ionisierende Strahlung anzuwenden. Folgende Personen können nach § 49 StrlSchV Abs. 1 Kenntnisse erwerben:
Die Kenntnisse im Strahlenschutz werden von Ärzten durch einen 8-stündigen Kurs erworben. Bei nichtärztlichem Personal (MFA oder OP- und Funktionspersonal) dauert der Kurs zum Erwerb der Kenntnisse länger.
Fachkunde. Es gibt verschiedene Fachkundegruppen je nach Anwendungsgebiet (z.B. CT, Notfalldiagnostik, einfaches intraoperatives Röntgen etc.). Nur wer eine Fachkunde im Strahlenschutz für sein Anwendungsgebiet besitzt, darf eigenständig ionisierende Strahlung am Menschen anwenden.
Das Gesetz sieht je nach möglicher Strahlenbelastung unterschiedliche räumliche Bereiche vor:
Kontrollbereiche sind abzugrenzen und während der Betriebsbereitschaft deutlich sichtbar zu kennzeichen. Die Kennzeichnung muss mindestens die Worte "kein
Zutritt - Röntgen" enthalten!
Folgende Schwellen der möglichen Exposition definieren Strahlenschutzbereiche (entsprechend § 52 StrlSchV):
Im Kontrollbereich gikt:
Im Überwachungsbereich gilt:
Als Strahlenexposition bezeichnet man die Einwirkung von Strahlung auf den menschlichen Körper oder auf Körperteile. Man unterscheidet unter anderem zwischen einer Ganzkörperexposition, also der Einwirkung ionisierender oder nichtionisierender Strahlung auf den ganzen Körper, und der Teilkörperexposition, also der Einwirkung ionisierender oder nichtionisierender Strahlung auf einzelne Organe, Gewebe oder Körperteile.
Bei der äußeren Strahlenexposition durch ionisierende Strahlung wirkt die Strahlung von außen auf den Körper ein. Als innere Strahlenexposition bezeichnet man die Einwirkung von Radionukleotiden, die in den Körper mit der Atemluft oder mit der Nahrung aufgenommen werden.
Die biologische Wirkung ionisierender Strahlung auf den Menschen wird als Äquivalentdosis in J/kg = Sievert [Sv] angegeben.
Maximale Dosiswerte für beruflich strahlenexponierte Personen.
Personen, die sich im Überwachungsbereich oder Kontrollbereich aufhalten (berufliche Strahlenexposition) werden in die Kategorien A und B unterteilt. Personal mit regelmäßigen/regelhaften Einsätzen im Kontrollbereich wird in der Regel in Kategorie A eingestuft. Es werden nur berufliche Strahlenexpositionen berücksichtigt.
Die Einstufung in Kategorie A oder B übernimmt der Strahlenschutzbeauftragte des jeweiligen Bereichs!
Für Personen unter 18 Jahren gilt der Grenzwert von 1 mSv/Jahr. Auch die Grenzwerte der Teilkörperdosen sind bei Minderjährigen niedriger.
Für nicht beruflich strahlenexponierte Personen (der Allgemeinbevölkerung) ist die Effektivdosis < 1 mSv/a einzuhalten.
Jährliche pro Kopf Strahlenexposition in Deutschland (in mSv/a):
Vergleich medizinischer und nicht-medizinischer Expositionen
Effektive Patientendosis in mSV ...
Bereits wenige Maßnahmen tragen schon viel zum individuellen Strahlenschutz bei!
Die drei A`s des Strahlenschutzes, um eine Exposition zu verringern:
Aufenthaltszeit verringern (Einschaltzeit / Strahlzeit der Röhre oder Aufenthalt im Raum)
Abstand vergrößern (von der Quelle = Patient oder Röhre)
Abschirmung nutzen (Schürzen, Bleiglasscheibe, Bleiglasbrillen etc.)
Die Quelle der Strahlung ist in der Regel nicht die Röhre, da man nicht vom Direktstrahl betroffen sein sollte. Standardmäßig ist die größte Strahlenquelle für den Untersucher der Patient, aus dem Streustrahlung in alle Richtungen, aber mit unterschiedlicher Intensität ausgesandt wird. Daher ist der richtige Standort (wo möglich) auch ein sehr guter Eigenschutz. Nachfolgend ein paar Beispiele:
Positionierung bei einem C-Arm:
Faustregel für den Strahlenschutz: Wenn möglich, Abstand halten und entgegen der Nutzstrahlung schauen!
Die Bilder zeigen eine dreiteilige Röntgenbekleidung, bestehend aus Rock, Weste und Schilddrüsen-/Sternumschutz:
Nachfolgend eine durchgängige Röntgenschürze mit zusätzlichem Schilddrüsen-/Sternumschutz. Vorsicht: hier ist der Rücken nicht geschützt!
Der Schilddrüsenschutz sollte möglichst nah am Hals anliegen!
Brillen und Visiere
Brillen haben zwar einen höheren Tragekomfort, schützen aber nur eine kleinere Fläche und schützen daher weniger vor seitlich auftreffender Strahlung.
Im seitlichen Röntgenbild ist deutlich zu erkennen, dass der Schutz gegen seitlich auftreffende Strahlung bei Brillen nicht optimal gelöst ist.
Effektivität von Schürzen / Strahlenschutzzubehör bei 75 kV:
Bei nur sehr geringen Strahlungswerten aber langen Tragezeiten können auch Personalschürzen mit einer Dicke von 0,25 mm Bleigleichwert (mmPb) verwendet werden. In Hochdosisbereichen können Personalschürzen mit 0,5 mmPb zum Einsatz kommen. Natürlich gilt: Schwere Schürzen stellen eine stärkere Rückenbelastung dar. Diese Risiken aus körperlicher Belastung und Strahlenschutz sind gegeneinander abzuwägen.
Sachgerechte Aufbewahrung der Röntgenschutzkleidung. Schutzausrüstung ist sehr fragil und kann schnell defekt werden und dadurch ihre Schutzwirkung verlieren. Daher gibt es enge Fristen für die Prüfung der Schutzausrüstung und jeder Nutzer ist angehalten, auf die korrekte Lagerung zu achten.
Hinweise zur Schürzenprüfung nach DIN 68572:
einfache Tastprüfung vor jedem Einsatz:
ausführliche Testung jährlich:
Kontrolle der Funktion mittels Bildgebung (2-jährlich)
Kritische Bereiche für eine Tastprüfung
Prüfung der Röntgenschürze mittels CT-Bildgebung
Bleilamellen sind abgerissen und haben sich im unteren Bereich des Schutzrockes angesammelt. Diese defekten Bleilamellen können in an der angelegten Schürze ertastet werden. Die Schutzkleidung sollte sofort durch den Anwender gemeldet und aussortiert werden.
Nur über das Tragen des Gleitschattendosimeters ist eine übermäßige individuelle Exposition amtlich nachzuweisen und ggf. Maßnahmen zu ergreifen.
Das Personendosimeter ist an einer repräsentativen Stelle am Körperstamm und unter der Röntgenschutzkleidung zu tragen. Die transparente Seite mit lesbarem Strichcode muss zur Strahlenquelle zeigen. Damit die monatliche Exposition ordnungsgemäß ermittelt werden kann, sind die Filmdosimeter zeitnah zum Monatsanfang zurückzugeben.
Achten Sie auf verantwortungsbewussten Umgang:
Messung der Personendosis
Das Auswechseln der Röntgenplaketten hat monatlich zu erfolgen. Die Plakette wird zur Auswertung an das Materialprüfungsamt (MPA Dortmund) eingesendet. Die Auswertungen werden durch den Strahlenschutzbeauftragten / den Dosimetrieverantwortlichen archiviert. Im Falle einer auffälligen Strahlenexposition oberhalb der Grenzwerte erfolgt eine direkte Meldung durch die auswertende Stelle, es besteht Meldepflicht! Bei Nichtauswertbarkeit des Dosimeterfilms durch Mitwaschen, verspätete Einreichung zur Auswertung o.ä. erfolgt eine Meldung an die Aufsichtsbehörde mit kostenpflichtiger Festlegung der Ersatzdosis. Für die amtliche Dosimetrie werden folgende personenbezogene Daten verwendet: Name, Vorname, Geburtsname, Geburtsort, Geburtsdatum, Nationalität, SSR-Nummer.
TL-DOS Dosimeter
TLD steht für Thermolumineszenzdosimeter und beschreibt das Vorgehen, wie die ionisierende Strahlung ausgewertet wird. Der Detektor besteht aus einem Material (LiF:Mg,Ti), welches Strahlung ähnlich dem menschlichem Gewebe speichert. Beim Auswerten wird der Detektor zunächst erhitzt ("thermo"), wodurch ein Lichtsignal ("lumineszenz") abgegeben wird. Da diese Lichtmenge proportional zur aufgenommenen Energie ist, kann die Höhe der ionisierenden Strahlung direkt bestimmt werden. Durch diesen Vorgang ist der Detektor wieder einsetzbar und kann, wie in der obigen Tabelle aufgeführt, wiederverwendet werden.
Schwangere Frauen dürfen prinzipiell im Kontrollbereich tätig sein. Dies ist aber mit Auflagen verbunden!
Zu beachten (StrlSchV § 69 Schutz von schwangeren und stillenden Personen):
Dosisgrenzwerte § 78 Abs. 4 StrlSchG
Die konkrete Umsetzung wird von jeder Abteilung selbst festgelegt. Kontaktieren Sie bei Bekanntwerden einer Schwangerschaft so früh wie möglich den zuständigen SSB.
Aufgrund der Neudefinition von meldepflichtigen Vorkommnissen im Strahlenschutz wurde eine allgemeine Verfahrensanweisung für den Meldeweg von Strahlenschutz-Vorkommnissen innerhalb der UMG verfasst. Sie ist im Intranet zu finden.
Die Verfahrensanweisung soll an der UMG ein geregeltes Verfahren bei der Bearbeitung von Vorkommnissen (inkl. bedeutsamer Vorkommnisse) gemäß Strahlenschutzrecht erzielen. Sie beschreibt, wann welche Person im Strahlenschutz (SSB, SSBev, SSV, MPE) zur Mitarbeit hinzugezogen werden soll, wann und wie eine Aufarbeitung zu erfolgen hat und wie der formale Meldeweg an der UMG aussieht.
Typische Beispiele:
Während des Aufenthaltes in Kontrollbereichen sind die Anweisungen des Stammpersonals mit entsprechender Erfahrung im Strahlenschutz zu befolgen!
Allgemein gilt für Röntgenbereiche:
Bei Personen unter 18 Jahren gilt folgende Regelung:
Bei Schwangeren gilt:
An stationären Anlagen sind in der Regel zusätzliche geräteseitige Strahlenschutzmittel vorhenden, wie z.B. Untertisch-Vorhang, von der Decke hängende Bleiglasscheibe, ggf. (mobile) Wände. Hier ist der gesamte Raum als Kontrollbereich anzusehen. Führen Sie verschiebbare Aufgaben in den Räumlichkeiten von stationären Anlagen möglichst dann aus, wenn keine Strahlung angewandt wird (z.B. Material kontrollieren und nachfüllen).
Standort und Verhalten
In der Angiologieanlage der Neuroradiologie wurden in Zusammenarbeit mit der Stabsstelle Arbeitsschutzmanagement und klinischer Strahlenschutz 2021 exemplarisch Ortsdosismessungen während einer DSA durchgeführt. Die Ergebnisse sind im Bild grafisch dargestellt. Sie verdeutlichen:
Fazit: Der Anästhesieplatz ist in diesen Räumlichkeiten nahe den Röntgen-Röhren und hat somit unter Umständen eine hohe Ortsdosisleistung. Er sollte kein Daueraufenthaltsplatz sein. Nur über das individuelle Dosimeter kann die tatsächlich stattgefundene Exposition ermittelt werden.
Einordung der Größenordnungen der Exposition:
Die dargestellte Exposition in µSv wird erreicht, wenn man sich in Summe 1 Stunde lang an dem dargestellten Platz während eingeschalteter Strahlung aufhält.
Anästhesieplatz im Normalmodus: 200 µSv = ca. Exposition bei einem Flug Paris - Tokio
Anästhesieplatz im Hochdosismodus: 6000 µSv = 6 mSv = ca. Exposition eines Patienten bei einer Koronarangiographie
Der Hybridsaal gilt bei Röntgenprozeduren als Strahlenschutz-Kontrollbereich. Die Schleusentür wird über den Schalter während der Röntgenprozedur gesperrt und geschlossen gehalten. Zugang in den Saal dann nur über den Kontrollraum.
Es sollen geschlossene Schürzen sowie ein Schilddrüsenschutz getragen werden. Vor dem Hybridsaal befinden sich entsprechende unpersonalisierte Schürzen geeignet für den Hybrid-OP auf dem Flur. Für einen Notfall stehen im Kontrollraum zusätzlich einteilige Schürzen zur Verfügung.
Jedes Knicken der Schutzkleidung, auch durch Hinsetzen, muss vermieden werden. Die Schürzen nach Gebrauch faltenfrei auf die hierfür vorgesehenen Bügel/Ständer hängen.
Um die Strahlenexposition für die im Saal anwensenden Kollegen zu verringern, können folgende Maßnahmen zur Abschirmung gefasst werden:
In der Nuklearmedizin halten sich Patienten auf, die Radiopharmaka injiziert bekommen haben. Diese radioaktiven Substanzen senden Gammastrahlung in einer geringen Intensität aus. Die Patienten können sich im Wartebereich, in Applikations- und Kameraräumen (Gammakamera / SPECT / SPECT-CT / PET-CT) aufhalten. Zusätzlich besteht das potentielle Auftreten von Kontaminationen.
Schwangere Personen dürfen die Strahlenschutzbereiche der Klinik für Nuklearmedizin nicht betreten! Grund: Inkorporationsgefahr!
Halten Sie soweit möglich Abstand zum Patienten (doppelter Abstand = 1/4 Dosis). Halten Sie sich nur kurzzeitig, soweit möglich, am Patienten auf (kürzere Aufenthaltszeit = weniger Dosis). Eine Anwendung von Röntgenschürzen ist in der Nuklearmedizin nicht sinnvoll. Grund: höhere Energien. Für die meisten Untersuchungen (PET-CT-Untersuchungen) muss sich die Radioaktivität erst im Körper verteilen. Währenddessen soll der Patient ruhig liegen. Nach ca. 1 h nach Injektion des Radiopharmakons erfolgt erst die Aufnahme.
Zur Überwachung Ihrer Strahlenexposition während Ihres Aufenthaltes in der Klinik für Nuklearmedizin wird Ihnen ein elektronisches Personendosimeter ausgehändigt. Dieses ist zusätzlich zum regulären Filmdosimeter zu tragen.
Messung auf Kontamination. Vor Verlassen der Klinik ist eine Prüfung auf Kontamination der Hände und Füße am Hand-Fuß-Kleidermonitor durchzuführen. Das Gerät befindet sich in der Nische zum Flur 01.A2 439. Die Messung startet automatisch, sobald Hände und Füße auf den Gittern korrekt abgelegt sind und die Lichtschranken ausgelöst haben. Die Messung dauert ca. 10 Sekunden und wird sofort ausgewertet. Es erscheint "nicht-kontaminiert" oder "kontaminiert" mit sofortiger Auswertung, welches Körperteil kontaminiert ist. Falls die Hände kontaminiert sein sollten, sind diese umgehend zu waschen. Anschließend muss erneut gemessen werden. Falls die Schuhe kontaminiert sein sollten, sind diese zu reinigen. Auch hier ist eine erneute Messung notwendig. Das Ergebnis ist zu dokumentieren.
Zusammenfassung.