Modul 2: Teil 2

Blockaden des Plexus cervicalis

Der Plexus cervicalis ist ein Geflecht der ventralen Äste des 1. bis 4. Rückenmarksnerven. Er besteht aus einem sensiblen (C2-C4: Nervus occipitalis minor, Nervus auricularis magnus, Nervus transversus colli, Nervi supraclaviculares) und einem motorischen Anteil (C1-C4: Nervus phrenicus, Äste zur Halsmuskulatur, Ansa cervicalus profunda aus C1 und C2/3 zur Zungengrundmuskulatur).

 

Welche Nerven bilden den sensiblen bzw. motorischen Anteil des Plexus?

 

Sensibler Anteil (Radix sensoria)

  • N. occipitalis minor
  • N. auricularis magnus
  • N. transversus colli
  • Nn. supraclaviculares

 

Motorischer Anteil (Radix motoria)

  • N. phrenicus
  • Äste zur Halsmuskulatur
  • Ansa cervicalis : Halsschleife aus – C1+C2/3 zur Zungenbeinmuskulatur (Anlagerung an N. hypoglossus)

 


Für die Orientierung in der Höhe sind der Querfortsatz des 4. Halswirbelkörpers (C4) oder die Karotisbifurkation (im Median 1 cm höher) geeignet. Die Orientierung in der Tiefe wird durch die Schichten der Halsfaszie bestimmt.

  • Blockaden oberhalb der Lamina superficialis (gestrichelte Linie) werden als oberflächliche,
  • Blockaden unterhalb der Lamina praevertebralis (gepunktete Linie) als tiefe Blockaden des Plexus cervicalis bezeichnet.

Die Punktionsnadel (A) ist abgebildet mit einer Darstellung der Injektionsorte (graue Flächen) sowohl im interfaszialen Kompartiment als auch innerhalb der Vagina carotica.

 

1 – M. sternocleidomastoideus
– M. trapezius
– M. longus colli et capitis
– M. scalenus medius und weitere Muskeln
C4 – Querfortsatz 4. Halswirbelkörper
VJI – Vena jugularis interna
ACE – Arteria carotis externa
ACI – Arteria carotis interna
– Truncus sympathicus
– N. vagus
– Nervenwurzel C4

Zwischen beiden Faszienblättern (intermediäre Blockade, grau) formieren sich die sensiblen Anteile (C2-C4) zu den peripheren Endästen:

  • N. auricularis magnus
  • N. transversus colli
  • N. occipitalis minor
  • Nn. supraclaviculares

Diese perforieren die oberflächliche Halsfaszie hinter dem Kopfwender (Area nervosa), um dann die sensiblen Versorgungsgebiete zu erreichen. Dieses Kompartiment bietet sich für eine Blockade des Plexus cervicalis an. Das applizierte Lokalanästhetikum kann sich zwischen den Faszienblättern sowohl kraniokaudal, nach Penetration der oberflächlichen Halsfaszie gemeinsam mit den sensiblen Endästen auch subplatysmal verteilen.

 

Die Nadel wird von lateral (dorsal) hinter dem Kopfwender nach medial (ventral) bis zu den Halsgefäßen innerhalb der Vagina carotica (ACI) geführt. Die Innervation im Halsbereich ist komplex und schließt neben dem Plexus cervicalis auch Anteile des Plexus brachialis sowie von Hirnnerven ein. Hirnnerven sind sowohl an der Innervation der großen Halsgefässe (X, IX – sensorisch, sensibel) als auch der Halsmuskulatur (motorisch, tiefensensibel; VII – Platysma, XI – Kopfwender) beteiligt. Die sonographische Kontrolle des Punktionsvorganges ermöglicht es, diese Strukturen zusätzlich selektiv zu blockieren. So wird in einigen Arbeiten über eine zusätzliche perivaskuläre Infiltration in der Karotischirurgie berichtet. Die anspruchsvolle Injektion von Lokalanästhetikum in dieser Region kann jedoch auch zu Husten und Schluckstörungen führen, so dass die Infiltration der Gefäßwand gerade bei schwierigen Schallbedingungen (Kalkplaques ...) auch unter Sicht durch den Chirurgen vorgenommen werden kann. Über die Karotischirurgie hinaus wird die Blockade des Plexus cervicalis bei diversen Eingriffen am Hals oder am äußeren Ohr eingesetzt.

Serratus-anterior-Block

Der Schallkopf wird zwischen mittlerer und vorderer Axillarlinie sagittal aufgesetzt. Das Lokalanästhetikum kann sowohl oberhalb als auch unterhalb des M. serratus anterior injiziert werden. Neben den Rami cutanei laterales der Interkostalnerven werden auch lange Äste des Plexus brachialis erreicht (N. thoracodorsalis, N. thoracicus longus). Je nach Höhe der Schallkopfposition (3. Rippe - Anästhesie des Nervus intercostobrachialis: Rami cutanei laterales Th2-3; 4.-5. Rippe - Mammachirurgie, 6.-9. Rippe - Oberbauchchirurgie) und injiziertem Volumen variiert die Ausbreitung der Blockade. In Kombination mit Bauchwandblockaden (subkostaler TAP-Block - Rami cutanei anteriores der Spinalnerven) kann die postoperative Schmerztherapie bei Oberbaucheingriffen optimiert werden.

Video: Serratus-Anterior-Plane-Block oberhalb des gleichnamigen Muskels in Höhe der 5. Rippe. Neben den Rami cutanei laterales der Interkostalnerven werden auch der N. thoracodorsalis sowie der N. thoracicus longus erreicht. Die Blockade ist deshalb besonders bei plastisch-chirurgischen Eingriffen wie z. B. Latissimus-Lappenplastiken indiziert.

 

subcostaler TAP-Block

Sonoanatomie rechte Seite (Bildtiefe 3,3 cm). Zielstruktur sind die Rami cutanei anteriores der Spinalnerven Th6-11. Die Ausbreitung des Lokalanästhetikums (LA) bestimmt die Anzahl anästhesierten Dermatome. Injektionsort und Volumen des injizierten LA sind dabei die wichtigsten Faktoren. Eine Multiinjektionstechnik mit Imprägnierung der gesamten TAP-Ebene zwischen Xiphoid und Spina iliaca anterior superior führt zu einer Anästhesie der gesamten anterioren Bauchwand. Voroperationen mit Narbenbildung im Bereich der anterioren Bauchwand können die Ausbreitung des LA signifikant behindern. In diesem Fall empfiehlt sich eine alternative Blockadetechnik.

 

1 Subcutis
2 M. obliquus externus
3 M. obliquus internus
4 M. transversus abdominis
5 M. rectus abdominis
6 Darm bzw. Omentum majus

Subcostaler TAP-Block (nicht ultraschall-optimierte 24G/50mm Nadel). Rechte Seite, Bildtiefe 2,7 cm. In-Plane-Technik von medial. Die Nerven liegen in der Faszienschicht zwischen M. obliquus internus und M. transversus abdominis. Diese Schicht ist am besten zu erreichen, wenn die Punktionsnadel am ventralen (subcostaler TAPB) oder posterioren (dorsaler TAPB) Ende in das intermuskuläre Kompartiment geführt wird. Ziel ist eine reißverschlussartige Aufdehnung des Kompartimentes während der Applikation des Lokalanästhetikums (Hydrodissektion). Erforderliches LA-Volumen: etwa 20 ml (pro Seite).

Ilioinguinalisblockade (Erwachsene und Kinder)

Ilioinguinalis-Iliohypogastricus-Block

Der Nervus ilioinguinalis und der Nervus iliohypogastricus entstammen den Segmenten Th12 und L1 des Plexus lumbalis.

Indikation für die Blockade: Inguinale Hernienchirurgie (einseitig), Sectio caesarea und andere operative Eingriffe am Unterbauch (beidseits).

Blockadetechnik

  • Schallkopf SAX (Short Axis View) zum Verlauf der Nerven (zwischen Nabel und Spina iliaca anterior superior)
  • Punktion OOP (Out-Of-Plane) von kaudal oder IP (In-Plane) von medial
  • Lokalanästhetikum 10ml pro Seite (Erwachsene) bzw. 0,25-0,75mg/kg Gesamtdosis (Kinder)
  • Höhere Volumina erreichen durch kraniale Ausbreitung den Nervus subcostalis

 

Sie sehen nun die Aufnahme eines 3-jähriges Kindes. Rechte Seite. Bildtiefe 2,2cm.

Der Schallkopf ist zwischen Spina iliaca anterior superior (linke Bildseite) und Nabel (rechte Bildseite) ausgerichtet.

 

 

A – Musculus obliquus externus (Übergang in Aponeurose)

B – Musculus obliquus internus

C – Musculus transversus abdominis

D – Musculus iliacus

E – Arteria circumflexa ilium profunda

F – Spina iliaca anterior superior

G – Darm

 

Blockade des N. saphenus (Trigonum femorale)

Sonoanatomie des N. saphenus

Der N. saphenus ist der sensible Endast des N. femoralis und innerviert sensibel häufig auch die mediale Fußseite bis zum Grundgelenk D1 (nicht nur bis zum Malleolus medialis oder Innenknöchel).

Der N. saphenus liegt im Winkel zwischen dem hyperechogenen (hellen) M. sartorius und der A. femoralis supf. (AFS).

 

Blockade des N. saphenus im Trigonum femorale

Der N. saphenus ist unter dem M. sartorius einfach aufzufinden. Er kann hier sowohl in Kurz- als auch in Langachsentechnik blockiert werden. In der Regel werden bis zu 10 ml Lokalanästhetikum verabreicht.

Das Bild zeigt die Lagebeziehungen des NS im Trigonum femorale. In dieser Region verläuft zudem der motorische Ast zum Musculus vastus medialis, welcher an der Tiefensensibilität des ventralen medialen Kniegelenkes beteiligt ist und gelegentlich ventral zum Nervus saphenus in einem eigenen bindegewebigen Kompartiment dargestellt werden kann.

Blockade des N. saphenus (Adduktorenkanal)

Der Adduktorenkanal ist eine etwa 6cm lange anatomische Struktur am distalen medialen Oberschenkel. Er dient dem Durchtritt der Femoralgefässe und des N. saphenus. Die Begrenzung wird dorsolateral durch Muskeln (M. vastus medialis und Adduktoren) und ventromedial durch die sehnige Membrana vastoadductoria realisiert.

Blockaden des Nervus saphenus vor Eintritt in den Adduktorenkanal (Synonyme: Blockade im Trigonum femorale, transsartorielle Blockade) erreichen sensomotorische Äste zum Musculus vastus medialis und sind somit an der Tiefensensibilität des Kniegelenkes beteiligt. Dies erklärt einerseits die gute analgetische Wirksamkeit, schließt aber eine sichere Vermeidung motorischer Blockaden (Sturzgefahr) aus.

Blockaden im distalen Adduktorenkanal werden mit dem Ziel einer suffizienten Analgesie im Bereich des Kniegelenkes ohne motorische Blockade der Oberschenkelmuskultur durchgeführt. Zudem verteilt sich das injizierte Lokalanästhetikum mit den Gefäßen zur Dorsalseite des Kniegelenkes, wo Äste des N. obturatorius (Ramus posterior) sowie des Nervus ischiadicus (N. tibialis) erreicht werden, die als poplitealer Plexus an der Innervation des Kniegelenkes beteiligt sind. Ziel der Vermeidung motorischer Blockaden ist eine frühe postoperative Mobilisation (ERAS-Konzept - enhanced recovery after surgery), zum Beispiel nach Knieendoprothetik.

Sonogramm oberhalb des Adduktorkanals, etwa in der Mitte des Oberschenkels (Trigonum femorale).

MS musculus sartorius

MVM musculus vastus medialis

MAL musculus adductor longus

NS nervus saphenus

AF arteria femoralis

VF vena femoralis

 

Der M. sartorius kommt ventral des M. adductor longus zur Darstellung.

 

 

Sonogramm am Eingang des Adduktorkanals, etwa 5cm unterhalb der Mitte des Oberschenkels.

 

MS musculus sartorius

MVM musculus vastus medialis

MAL musculus adductor longus

MAM musculus adductor magnus

NS nervus saphenus

AF arteria femoralis

VF vena femoralis

 

Der M. sartorius überkreuzt den posterioren Rand des M. adductor longus (senkrechte Linie).

Blockaden am proximalen Ende des Adduktorenkanals erreichen dosiabhängig Äste zur Quadriceps-Muskulatur, die an der Tiefensensibilität des Kniegelenkes beteiligt sind.

 

Sonogramm am Ausgang des Adduktorkanals.

 

MS musculus sartorius

MVM musculus vastus medialis

MAM musculus adductor magnus

NS nervus saphenus

AGD arteria genu descendens

AF arteria femoralis

VF vena femoralis

 

Die A. femoralis gibt die A. genu descendens ab, um dann mit der zugehörigen Vene als A. poplitea in die Kniekehle zu ziehen.

Die Position im Adduktorenkanal wird durch die Doppelkontur (rote Pfeile) der membrana vastoadductoria bestätigt, die sich als Dach des Adduktorenkanals zwischen M. vastus medialis und M. adductor magnus aufspannt.

 

Blockaden am distalen Ende des Adduktorenkanals erreichen neben dem N. saphenus dosisabhängig Äste des N. obturatorius (Ramus posterior) sowie des N. ischiadicus (N. tibialis).

 

Blockade des nervus obturatorius

Blockaden des Nervus obturatorius (NO) werden in unterschiedlichen Indikationen durchgeführt (OOP oder IP). Um die Äste des NO (+ des Nervus obturatorius accessorius) zum ventralen Hüftgelenk zu erreichen, muß die Nadel zentral unter den Musculus pectineus geführt werden. Eine Adduktion des Oberschenkels, zum Beispiel bei transurethralen Resektionen der lateralen Blasenwand, kann nur sicher verhindert werden, wenn sowohl der Ramus anterior als auch der Ramus posterior blockiert werden. An der Innervation der dorsalen Kniegelenkskapsel ist dagegen der Ramus posterior beteiligt, indem er mit Anteilen des Nervus tibialis den poplitealen Plexus bildet (siehe Adductor-Canal-Block).

 

 

Sonoanatomie des N. obturatorius

Der Schallkopf wurde nach Darstellung der Femoralgefäße in der Inguinalfalte nach medial versetzt. Der Nervus obturatorius hat in dieser Position seine Äste zur sensiblen Innervation des Hüftgelenkes bereits abgegeben. Es ist nicht immer einfach festzulegen, ob die helle Faszienschicht zwischen den Muskeln Nervengewebe enthält oder nicht. Die Nerven stellen sich als Verbreiterung des intermuskulären Septums dar und weisen Faszikeln entsprechende hypoechogene (dunkle) Binnenstrukturen auf. Meist hilft erst der dynamische Untersuchungsgang weiter.

 

Sichtbar sind:

  • Ramus anterior (weißer Pfeil): Der Ramus anterior verläuft zwischen M. pectineus und M. add. brevis, gibt hier häufig einen kräftigen Ast in den M. add. brevis (gelbe Pfeile) ab und zieht anschließend zwischen den M. add. longus et brevis.
  • Ramus posterior (roter Pfeil): Der Ramus posterior verläuft in der Ebene zwischen M. add. brevis et magnus.
  • Bei der Injektion unter den Musculus pectineus werden auch Äste zur vorderen Hüftgelenkkapsel erreicht (grüner Pfeil), z. B. der Nervus obturatorius accessorius.

 

Blockade des N. obturatorius

Die Videosequenz verdeutlicht die korrekte Nadelposition innerhalb der intermuskulären Bindegewebsschicht, ohne den Nerven zu perforieren. Die Ausbreitung des Lokalanästhetikums öffnet diesen Raum reißverschlussartig. Auch in diesem Beispiel zieht ein kräftiger Ast vom Ramus anterior in den M. add. brevis.

Bei erfolgreicher Blockade des N. obturatorius resultiert 

  • eine sensible Blockade eines variablen Hautareals an der Innenseite des Oberschenkels,
  • eine motorische Blockade der Adduktoren sowie
  • eine sensible Blockade des assoziierten Femurperiostes.

Zudem ist der N. obturatorius an der sensiblen Innervation des Hüft- und des Kniegelenkes beteiligt.

 

Blockade des nervus cutaneus femoris lateralis

Sonoanatomie des N. cutaneus femoris lateralis

Der N. cutaneus femoris lateralis (NCFL) versorgt sensibel ein variables Areal am lateralen Oberschenkel. Er wird traditionell unter dem Leistenband, nahe der Spina iliaca anterior superior (SIAS), aufgesucht. Für die Sonographie nachteilig ist, dass hier verschiedene Gewebe (Nerv, Bindegewebe) ähnlicher Echogenität eine Abgrenzung erschweren. Wenige cm unter dem Leistenband verläuft der Nerv in einem Sulcus, gebildet aus M. sartorius (2) und M. tensor fasciae latae (1)  und ist ggf. bereits in einzelne Äste aufgefächert (gelb umrandet), aber durch umgebendes Fettgewebe („fat filled flat tunnel“) deutlich besser kontrastiert.

Identifikation M. sartorius: Der M. sartorius wird identifiziert, indem er vom medialen Oberschenkel (Kennzeichen: A. femoralis supf.) nach kranial in Richtung der Spina iliaca anterior superior verfolgt wird. Der M. tensor fasciae latae läuft am lateralen Oberschenkel von kranial nach kaudal in einer dünnen bindegewebigen Struktur aus.

 

Die Videosequenz zeigt die Blockade des N. cutaneus femoris lateralis auf der linken Seite in In-Plane-Technik von lateral. Der untere Bildrand liegt in 2,7 cm Tiefe. In der Regel werden bis 5 ml Lokalanästhetikum appliziert.